Abtei Silvacane – Die älteste der „drei provenzalischen Schwestern“

Wenn Wände reden könnten! Die Mauern der Abtei Silvacane in der Provence hätten sicherlich einiges zu erzählen. Einige von ihnen sind bereits über 900 Jahre alt, da kommt einiges an Geschichten zusammen.

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Inhaltsverzeichnis
Auf der Suche nach dem einfachen Leben | Zwischen Blüte und beginnendem Untergang liegen zwei Jahrhunderte | Heute ist die Abtei Silvacane ein kultureller Anziehungspunkt | Abtei Silvacane in aller Kürze

Besonders skandalös freilich ist die jüngere Vergangenheit der Abtei. Bevor sie 1846 vom französischen Staat aufgekauft wurde, befanden sich die Ländereien und Gebäude in Privatbesitz. Statt Altar und Kruzifix beherbergte die Kirche damals vorübergehend Schweine, Ziegen und Pferde. Erst ein Enteignungsverfahren Mitte des 20 Jahrhunderts bereitete diesem Spuk ein Ende. Heute ist die „Abbaye de Silvacane“, so ihr Name im Französischen, ein wunderbar restauriertes, viel besuchtes Ausflugsziel in der Provence, in dem sich Religion, Geschichte und die bildenden Künste auf inspirierende Weise verbinden.

Auf der Suche nach dem einfachen Leben

Wenn in Südfrankreich von den „drei provenzalischen Schwestern die Rede“ ist, dann sind drei Abteien des Zisterzienserordens gemeint. Neben der Abtei Silvacane gehören auch die von Thoronet und die von Sénanque dazu. Silvacane ist mit dem Gründungsjahr 1145 das älteste Mitglied dieses Trios.

Rückblick in das 12. Jahrhundert: Europa befindet sich im tiefsten Mittelalter, Königreiche, Fürstentümer bis hin zu Adelsfamilien aller Größenordnungen rivalisieren miteinander. Das ist auch in Südfrankreich der Fall, wo wenige Jahrzehnte zuvor in der Gegend um Dijon der Zisterzienserorden gegründet worden ist. Die Brüder, die sich darin zusammenfinden, wollen ein einfaches, Gott geweihtes Leben ohne weltliche Ablenkungen leben. Unter diesen „Ablenkungen“ verstehen sie auch die Kunst und entsprechend prächtig ausgeschmückte Kirchen. Doch in den ersten Klöstern ist bald schon nicht für alle Platz. Etwa 25 Kilometer nordwestlich Aix-en-Provence, nicht weit vom Ufer der Durance entfernt, werden die Mönche auf ihrer Suche nach einem neuen Standort fündig. Dort, wo sich einst eine Einsiedelei befunden haben soll, wollen sie ihre Abtei errichten. Silvacane ist gegründet.

Zwischen Blüte und beginnendem Untergang liegen zwei Jahrhunderte

Dank dem Fleiß der Ordensbrüder und dem Protektorat einer Adelsfamilie, die auch finanzielle Unterstützung leistete, entwickelte sich die Abbaye Silvacane in den nächsten zwei Jahrhunderten sowohl zu einem geistlichen als auch zu einem wirtschaftlichen Zentrum der Provence. Doch das sollte nicht so bleiben. Die politischen Wirren des 14. Jahrhunderts machten ebenso wenig Halt vor der Provence und damit auch vor der Abtei, wie der „Schwarze Tod“. Silvacane wurde mehrfach geplündert und drohte völlig zu verarmen. Das konnte zwar verhindert werden, doch fand die Abtei nie zu ihrer einstigen Größe zurück. Bis es allerdings komplett bergab ging, sollte es noch etwas dauern.

Erst die Französische Revolution läutete den Untergang der Abtei Silvacane ein, wie die Welt sie Jahrhunderte lang gekannt hatte. Sie verfiel, wurde gebrandschatzt und nur sehr sporadisch hie und da wieder instandgesetzt. Die Dorfbewohner zogen es vor, Materialien vom Grundstück für ihre eigenen Häuser zu verwenden. Ein Bauunternehmer wollte sogar das ganze Areal kaufen, um die Steine für ein großes öffentliches Bauprojekt verwenden zu können. Stattdessen ging der Besitz jedoch an einen Rechtsanwalt.

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man die Bedeutung der Abtei sowohl für die Provence als auch für die örtliche Bevölkerung erkannt. Die Sanierung durch den Staat konnte beginnen. Dafür mussten allerdings die Nachkommen des besagtens Rechtsanwalt enteignet werden, die das Kirchenschiff inzwischen zum Stall umgewandelt hatten.

Heute ist die Abtei Silvacane ein kultureller Anziehungspunkt

Das Großprojekt der Restaurierung war ehrgeizig und es dauerte Jahrzehnte – aber es gelang. Heute erwartet den Besucher in La Roque d’Anthéron eine Zisterzienser-Abtei, die in ihrer typischen Architektur und schlichten Ausstattung einen Einblick in die Wertvorstellungen des Ordens gewährt. Ob Kirche oder Kreuzgang, ob Klostergarten oder Refektorium – alles ist wiederhergestellt und saniert worden.

Mehr noch. Die Abtei ist inzwischen auch ein großer Anziehungspunkt für kunstliebende Touristen. Regelmäßig finden hier Ausstellungen statt, oft werden dabei große Skulpturen gezeigt. Die Abtei Silvacane ist aber auch ein Ort für Musikliebhaber; es gibt immer wieder Konzerte.

Abtei Silvacane in aller Kürze

  • Ganzjährig geöffnet. In der Nebensaison bleibt die Abtei montags sowie an den Öffnungstagen in der Mittagszeit geschlossen. In der Hochsaison vom 1. Juni bis zum 10. September ist sie täglich durchgängig von 10 bis18 Uhr geöffnet.
  • Eintrittspreise: 10 €; 8,50 € ermäßigt. Kinder bis zu zwölf Jahren haben freien Eintritt.
  • Gründung durch Mönche des Zisterzienser-Ordens im Jahr 1145
  • Blütezeit im 13. und 14. Jahrhundert
  • Mit den Glaubenskriegen und den Pestepidemien setzte langsam der Untergang ein
  • Wiederaufbau und Sanierung im 18. und 19. Jahrhundert
  • Die Abtei ist heute in staatlichem Besitz
  • Veranstaltungsort für Kunstausstellungen und Konzerte