Das süße Leben genießen: Eine Fahrt durch die Provence

Provence: Allein der Name dieser Region ruft mir hunderte Bilder in den Kopf. Bevor ich allerdings zum ersten Mal in Marseille französischen Boden betreten habe, konnte ich mir nicht im Entferntesten ausmalen, welch blasser Abklatsch meine Vorstellungen zur tatsächlichen Realität sein werden.

Booking.com

Inhaltsverzeichnis
Aix-en-Provence – kann man mit einem Ort seelenverwandt sein? | Arles hat den größten Wochenmarkt der Provence | Mein Tipp: Nichts vorher frühstücken!

Aix-en-Provence ist die historische Hauptstadt der Provence und zählt rund 140.000 Einwohner.

Aix-en-Provence ist die historische Hauptstadt der Provence und zählt rund 140.000 Einwohner.

Kennt ihr das Gefühl? Man ist irgendwo zum ersten Mal, wird aber den Eindruck nicht los hier schon immer hingehört zu haben? Genau so ging es mir in Aix-en-Provence, wie es die Einheimischen liebevoll nennen. Aix verkörpert alles, was mir wichtig ist. Lebensfreude, gutes Essen, Herzlichkeit, Gastfreundschaft, Lachen, Tanzen, Singen… Ich könnte Stunden weiter erzählen. Der Ort strahlt so eine unglaublich positive Stimmung aus, dass man nicht umhin kommt mit einem Dauer-Lächeln durch die Gassen zu schlendern. Alles zu erkunden kann so einfach sein: Ab in den Mietwagen und los! Spielt sich in unseren Breitengraden im Oktober und November das meiste Lebens bereits wieder in geschlossenen Räumen ab, pfeifen die Aixer herzlich darauf.

Aix-en-Provence – kann man mit einem Ort seelenverwandt sein?

Markise raus, Heizpilz drunter, Pastis in die Hand und das Leben ist schön. Das Wetter den Alltag bestimmen lassen? Paperlapapp, wo kämen wir denn da hin? Generell bekommt man hier den Eindruck, dass die Uhren anders ticken, die Menschen einfach von vornherein glücklicher sind. Es gibt nicht einen einzigen Wochentag, an dem nicht irgendwo ein kleiner Markt stattfindet.

Blumen, Gewürze, Berge von frisch geerntetem Gemüse, Käse, Wurst… All das in einer Vielfalt und Qualität, dass man am liebsten schon mit einer großen Sackkarre einkaufen gehen möchte, um auch ja keine Leckerei zu verpassen. Hier habe ich zum ersten Mal erkannt: Franzosen essen nicht einfach, Franzosen zelebrieren jede Mahlzeit regelrecht. Leben wie Gott in Frankreich? Seit diesem Besuch habe ich begriffen, wie viel mehr hinter der Floskel steckt.

Aber nicht allein Aix macht diese Region zu einem grandiosen Ziel für Genießer. Station 2 hat mich noch weiter ins Hinterland geführt, nämlich nach Arles. Mein Reiseführer hat mir erklärt, dass hier bis heute unzählige Spuren aus der Antike und der romanischen Zeit zu finden sind, die Arles zur einer echten Museumsstadt machen. Gut, diese Schilderung klingt für mich persönlich erst einmal brottrocken, aber weit gefehlt. Arles schafft es auf spielerische Art und Weise selbst schnöde Hinterhöfe sehenswert zu machen.

Arles hat den größten Wochenmarkt der Provence

Die wunderschöne Stadt Arles befindet sich nur rund 25 Kilometer vom Mittelmeer entfernt.

Die wunderschöne Stadt Arles befindet sich nur rund 25 Kilometer vom Mittelmeer entfernt.

Nehmen wir zum Beispiel den berühmten Maler van Gogh, der vor rund 150 Jahren in Arles gelebt hat (man lernt ja nie aus). Besucher finden an den Originalschauplätzen jeweils eine Abbildung seines Gemäldes, zusammen mit einer kurzen Anekdote. So macht selbst dem größten Kunst- und Kulturmuffel diese kleine Schnitzeljagd durch die Altstadt Spaß.

Nichts desto trotz – bleiben wir ehrlich – nur wegen ein paar schönen Bildern Arles besuchen? Das muss nicht sein. Es gibt noch einen mindestens ebenso guten Grund! Arles hat den größten Wochenmarkt der gesamten Provence. Jeden Samstag finden Besucher und Einheimische auf knapp 2km (!!!) Länge die größte Anzahl an Marktständen, die mir jemals begegnet ist. Wem es erst einmal gelungen ist einen der begrenzten Parkplätze zu ergattern (ein Mietwagen mit kleinem Wendekreis ist hier ein Gottesgeschenk), der wird sich im Schlemmerparadies wiederfinden.

Mein Tipp: Nichts vorher frühstücken!

Jeder Standbesitzer lädt herzlich dazu ein, seine Ware zu kosten. Man sieht ihnen den Stolz auf Ihre Produkte förmlich an. Jeder versucht die Auswahl noch dekorativer, noch einladender zu präsentieren als sein Nebenmann. Eine wahre Pracht.

Denkt man jetzt aber typisch deutsch: “Nein danke” um anschließend panisch den Blick abzuwenden und schnellen Schrittes den Stand zu verlassen, ist man selber Schuld. In unseren Köpfen herrscht die Vorstellung, es könnte ja erwartet werden, dass man französisch spricht oder etwas kauft… Fehlanzeige!

Für die Einheimischen ist nämlich genau dieses Anbieten der Zutaten Grund genug, sich den Wecker am Samstag etwas früher zu stellen. Man unterhält sich, freut sich, probiert hier ein wenig, schnuppert dort intensiv, feilscht vielleicht beim dritten Marktstand um dann doch noch 100 Meter weiter zu schlendern. Ich kann meine Erkenntnis auch hier nur untermauern: Franzosen zelebrieren ihr Essen. Wo steht schließlich geschrieben, dass man nicht auch 10 verschiedene Salami Sorten und gut doppelt so viel Käse probieren kann, bevor man beinahe schon kugelrund an den Backwarenständen vorbei kommt? Nirgendwo.

Alles in allem kann ich nur so viel sagen: Frankreich-Urlaub ohne ein Wort französisch? Geht! Alle Franzosen haben sowieso ein Problem mit Deutschen? Himmel nein. Provence besteht nur aus Lavendel Fanatikern? Weit gefehlt. Wiederkommen geplant? Unbedingt.

20. September 2016